17 x 24 cm
448 Seiten
Leinen
50 Abb.
ISBN: 978-3-87847-257-5
Sonderpreis! Unser bisheriger Preis: € 19.80
Kurztext:
Im 19. und 20. Jahrhundert haben die Deutschen vergeblich versucht, eine geeinte Nation in einem sie möglichst alle umfassenden liberalen und demokratischen Nationalstaat zu werden. Der Autor behandelt die Deutsche Frage im Zeitraum 1806–1871 und gibt einen Ausblick auf ihre weitere Entwicklung.
Langtext:
Fast ein ganzes Jahrtausend hatte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in Europa die staatliche Ordnung bestimmt, und unter der Leitung der deutschen Könige hatten die Nationalstaaten sich entwickeln können. Seit der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges hatte das Reich durch die weitgehende Selbständigkeit der vielen Duodezfürsten an Einfluß verloren und war unregierbar geworden, bis Napoleon dem verknöcherten Gebilde den Todesstoß versetzte und 1806 dessen Auflösung durchsetzte.
Doch die Herrschaft des Korsen setzte neue Kräfte im deutschen Volk frei, die die Freiheit und Einheit der Deutschen sowie eine liberalere Gesellschaft erstrebten. 1815 wurde jedoch mit dem Sieg der Reaktion die ›Deutsche Frage‹ nicht gelöst, die dann das ganze folgende Jahrhundert bewegte.
Das vorliegende Buch beschreibt nach einem Überblick über die napoleonische Zeit die verschiedenen Ansätze zur Lösung der Deutschen Frage von 1815 bis zur Errichtung des zweiten Deutschen Reiches durch Bismarck 1871. Es behandelt ausführlich die grundsätzliche Frage, ob die deutschen Teile des Habsburger Reiches in einen deutschen Staat einbezogen werden konnten, ohne daß der Vielvölkerstaat in Wien zusammenbrach. An der Politik der Habsburger, die die nichtdeutschen Völker in ihrem Staat nicht missen wollten, scheiterte die großdeutsche Lösung, die seit den napoleonischen Kriegen immer wieder zu erreichen versucht worden war. Der Hof in Wien wie die slawischen Völker setzten sich gegen eine Einbeziehung der deutschen Teile Österreichs in eine neue deutsche Ordnung zur Wehr und verhinderten entsprechende Lösungen. Diesem Problem überlagerte sich die zeitgemäße Forderung nach ›Liberalität‹, vor allem nach verbindlichen Verfassungen, nach der Garantie von Grundrechten wie der Presse- und Meinungsfreiheit, der Freizügigkeit in ganz Deutschland, der Aufhebung der Leibeigenschaft und noch bestehender Frondienste, nach Demokratisierung und Einführung von einflußreichen Parlamenten.
Im einzelnen werden die Entwicklungen anhand der wichtigsten Dokumente wie der verschiedenen Verfassungsentwürfe und gewährten Freiheiten verfolgt und die Gründe für deren Schicksal in den verschiedenen Staaten und Epochen dargestellt.
Nach den von Frankreich nach Deutschland herüberschwappenden Unruhen von 1830 werden besonders ausführlich die politischen Entwicklungen von 1848/49 beschrieben und die tragische Geschichte des Frankfurter Paulskirchen-Parlaments verfolgt. Obwohl der Reichsverweser mit Erzherzog Johann ein Habsburger war, konnte die zunächst erstrebte und vom Volk weitgehend mitgetragene großdeutsche Lösung nicht durchgesetzt werden, da Wien den Bestand des Vielvölkerstaates Österreich damit als nicht vereinbar ansah. Die kleindeutsche Lösung mit dem preußischen König als deutschem Kaiser scheiterte an dem Gottesgnadentum Friedrich Wilhelms IV., der keine Krone aus den Händen des Volkes annehmen wollte.
So mußte erst ein genialer Staatsmann wie Otto von Bismarck kommen, der mit viel Fingerspitzengefühl die deutschen Fürsten zur Anerkennung der preußischen Führung gewinnen und die Nachbarstaaten Rußland, England und Österreich zum Stillehalten während des Deutsch-französischen Krieges bewegen konnte. Die kleindeutsche Lösung der Deutschen Frage wurde durchgesetzt, wobei die deutschen Teile Österreichs zunächst außen vor blieben. Der von diesen nach dem Zusammenbruch der k. u. k.-Monarchie 1918 einhellig erwünschte Anschluß an das Deutsche Reich wurde von den Alliierten genau so verboten, wie die erfolgte Vereinigung 1938 schon 1945 wieder von diesen untersagt wurde. Die Deutsche Frage steht nach zwei Jahrhunderten immer noch an.
über den Autor:
Karlheinz Simon, 1954 wegen seiner Forschungen über die Stellung des österreichischen Reichstages 1848/49 zum Dr. phil. promoviert, hat sich seitdem als Studiendirektor jahrzehntelang im gymnasialen Geschichtsunterricht mit der Entwicklung der deutschen Frage befaßt.
Diesen Artikel haben wir am 13.02.2023 in unseren Katalog aufgenommen.